Ich durfte vor kurzer Zeit einer wunderbaren Diskussion beiwohnen. Der Diskussion zugrunde lag die Frage, inwieweit Führungskräfte tatsächlich Konfliktkompetenzen benötigen. Und ob es nicht lediglich darum ginge, ausschließlich den Zeitpunkt zu erkennen, an dem sie für den Betriebsfrieden Entscheidungen treffen müssen.
Das Diskussionsspektrum lag zwischen "Mediative Interventionen seitens der Führungskräfte seien völlig fehl am Platz." bis hin zu "Eine Mediatoren-Ausbildung für Führungskräfte sei durchaus sinnvoll im Hinblick auf deren Konfliktkompetenz."
Wie immer liegt die Wahrheit zwischen den Extremen. Tritt die Führungskraft in Konflikten als Mediator auf, übernimmt sie eine andere Rolle. Diese Rolle kann im Widerspruch zur Rolle der Führungskraft stehen, sozusagen zu einem Rollenkonflikt führen. Denn als Mediator kreiert die Führungskraft das Bild eines neutralen Begleiters, der die Interessen und Bedürfnisse der Konfliktparteien heraus arbeitet. Doch die Neutralität ist per se begrenzt, da die Führungskraft auch eigene, andere Interessen vertritt, nämlich die des Unternehmens, für Betriebsfrieden und einen reibungslosen Geschäftsablauf zu sorgen.
Gelingt es der Führungskraft also nicht, mithilfe der Mediation zur Konfliktlösung beizutragen, ist sie gezwungen selbst Entscheidungen zu treffen und Maßnahmen zu ergreifen, den Konflikt aus der (Betriebs-)Welt zu schaffen. An dieser Stelle wird es dann oft unglaubwürdig für den Mitarbeiter und die Führungskraft verliert an Vertrauen und Akzeptanz. Das wiederum zehrt an der Konstitution, sowohl an der der Mitarbeiter als auch an der der Führungskraft. Es entstehen neue Konflikte.
Unbestritten ist allerdings, dass ein gutes Konfliktverständnis Führungskräften dabei hilft, Konfliktpotentiale frühzeitig zu erkennen und eine Basis für gute Kommunikation und gelungenes Miteinander zu schaffen. Befinden sich Konflikte noch in den ersten Stufen, können sie sogar Innovationsprozessen dienlich sein. Auch in den weiteren Eskalationsstufen können mediative Kompetenzen seitens der Führungskraft helfen, zwischen Menschen im Konflikt zu vermitteln. Hier ist eben nur wichtig, als Führungskraft auch die eigene Rolle und die damit verbunden Erwartungshaltung zu formulieren. So bleibt es glaubwürdig.
In vielen Coaching-Prozessen mit Führungskräften führt die Rollenklärung in Konflikten übrigens zu besserer Führungsarbeit. Es lohnt sich also, einen Blick darauf zu werfen.
Ihre Jessica Calaminus
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